Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am ersten Tag vorlegen – Schlag unter die Gürtellinie bei Arbeitnehmern

Kein deutsches Gesetzbuch wird als so unsozial und ungerecht empfunden wie das Arbeitsrecht. Zurecht, wie das Bundesarbeitsgericht heute wieder bewiesen hat. Mit der Entscheidung, dass ein Arbeitnehmer bereits am ersten Krankheitstag seinem Arbeitgeber einen Attest vorlegen muss, hat das Bundesarbeitsgericht einen gewissen Realitätsverlust bewiesen und sich wieder einmal deutlich auf die Seite der Arbeitgeber gestellt, wie fast immer im Arbeitsrecht.

Doch das Gericht kann eigentlich nichts dafür, dass es solche gravierenden Fehlentscheidungen treffen muss, denn schließlich macht nicht das Arbeitsgericht die Gesetze, sondern die Politik. Und die Politik steht nicht erst seit Gerhard Schröder auf der Seite der Arbeitgeber, sondern schon viel länger.

Es ist erstaunlich, dass man als Bürger eigentlich fast nie erfährt, wenn neue Gesetze zum Arbeitsrecht eingeführt werden. Meistens bekommt man es erst mit, wenn das Gesetz dann in Kraft tritt und die Konsequenzen spürbar sind. Mit dem deutschen Arbeitsrecht ist es auch so eine Sache, denn in weiten Teilen steht es gegen das Grundgesetz und sogar die Menschenrechte. Es beinhaltet noch immer viele Passagen aus dem 19. Jhd. der Industrialisierung, als Arbeitnehmer weitgehend rechtlos waren. Aus diesem Grund gehört es deutlich reformiert und an die heutige Zeit angepasst.

Im Falle der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stellt sich eigentlich noch eher die Frage, warum überhaupt der Kranke dafür zu sorgen hat, dass die Bescheinigung (noch immer im 21 Jhd. in Papierform) beim Arbeitgeber landet. Warum kann man im Internetzeitalter zwar eine digitale Krankenkassenkarte einführen, die persönliche Krankendaten erhält, oder biometrische Ausweise erstellen, oder die Lohnsteuerkarte abschaffen, usw., aber es nicht hinbekommen, dass der Arzt oder die Krankenkasse direkt den Arbeitgeber des Patienten/Kunden informiert?

Nun, die Antwort ist ganz einfach, es wäre keine Erleichterung für die Institutionen, sondern für den Arbeitnehmer. Und der hat ja bekanntlich nur die Aufgabe Steuern zuzahlen, Beiträge zu entrichten und Leistung zu bringen. Der Faktor Mensch verschwindet immer mehr hinter der Fratze des „Human Kapitals“. Wir dürfen gespannt sein, wie viele Kranke auf dem Weg zum Arbeitgeber durch Unfälle ums Leben kommen, oder sich gepflegt auf den Schreibtisch des Chefs übergeben und darunter die Bescheinigung vergraben.

Schöne neue Welt!

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